Texte

Paradiesgarten im Sommer

Der Frühling ist gegangen und es war dieses Mal ein wenig wie diese beiden weißen Schmetterlinge, die miteinander erst durch die Äste tanzten und dann immer weiter hoch hinauf, bis sie vor dem blauen Himmel nur noch als eins zu erkennen waren. 
Es ist zusammengekommen, was heuer zusammen kommen sollte und nun wird es in den ausklingenden und heißen Tagen der nächsten Monate reifen. Wir werden sehen, was uns dieser Sommer bringen wird, wenn die Tage kürzer und die Früchte reifer werden und unter sich die Äste ächzen lassen. Was faul abfallen wird, weil niemand es pflückt und was in der Hitze der Nachmittage auf der Reise dahin vertrocknen wird. 
Die Liebesreigen der Libellen halten noch an. Die Junikäfer kreisen noch immer um die alte Eiche und Tausende von Glühwürmchen tanzen diesen Tanz in der lilablau vergangenen Dämmerung, der uns beide jedes Mal davon träumen lässt, dass dort draußen in der Dunkelheit auch Feen und Elfen, Trolle und viele andere Wesen und Geheimnisse leben.
Das Flimmern der Nachmittage zieht sich hin. Ein paar Wespen durchstreifen die Terrassen auf der Suche nach Futter. Die Ameisen und Schnecken halten sich verborgen und warten wie die Mücken auf den Sonnenuntergang. Mir geht es mit diesem Dauerschlummergefühl ähnlich, weder wach noch schlafend. Es ist wie ein Durchgleiten durch die heißen Stunden. Wer nichts Dringendes zu tun hat, ruht und hält Siesta. Sitzt diese lebensfeindliche Hitze und die sengenden Sonnenstrahlen still aus und hält sich fern von jeder Tätigkeit und beobachtet mit halbgeschlossenen Augen die dunkelhellgrünen Blätter im warmen Wind. 
Die Welt murmelt sich den Berg hinauf. Ein leises Brummen, das über allem liegt und das das Rascheln der Blätter im Wind kaum bricht. Ein Flugzeug dröhnt stetig, aber nicht zu laut über den Himmel und teilt auf seinem Weg den Nachmittag in die zwei Teile Davor und Danach.  Ein Windhauch der über meine Haut streichelt wie die vorsichtigen Berührungen von gerade erst frisch Verliebten, die noch keinen ganzen Tag lang einander kennengelernt und erforscht haben. 
Allem Anfang wohnt dieser Zauber des Entdeckens inne und wie dieses Streicheln fließen meine Gedanken mit dem Wind über meine Haut, dann Deine Haut und weiter mit dem vollen Duft der blühenden Rosen hinaus in die Ebene, an dem Bussard vorbei, der dort oben kreist und vermischen sich mit den Gedanken von all den anderen Menschen dort draußen wir Blütenblätter in den flirrenden Wirbeln unter dem Azur des Himmels. Es ist sanft wie das Träumen der ganzen Welt in diesem warmen und satten Schlummer. 
Mir fehlen Deine Fingerspitzen zum Glück, die dem warmen Wind folgen und langsam über mich hinweggleiten. So wie fast keine Berührung. Eine noch viel mehr versprechende Nichtberührung von Dir ist es, wonach ich mich jetzt mit einem Seufzen sehne. 
Dabei haben wir uns in diesem Frühling nicht gefunden. Genauso wenig wie in den vielen Frühlingen davor. 
Und deshalb wird es von uns auch wieder keine Früchte am Ende dieses Sommers geben und der Herbst wird kalt und kahl einherkommen und mich allein mit meinen Gedanken mit in den Winter nehmen. 
Es sei denn, ich würde jetzt, wie die Junikäfer, mich doch noch einmal aufraffen. Mich durch die Träge des Nachmittags hindurch in eine Möglichkeit bringen, dass Du und ich aufeinanderstoßen und dann zueinander finden. So wie es die alte Legende von dem Apfel im Paradiesgarten verspricht.

Schwimmen

Sie hatte die Schwimmweste ihrer kleinen Schwester gegeben. Jetzt sah sie sie nicht mehr. Panik durchströmte sie kurz und holte ihre Gedanken aus der Lethargie der letzten Stunden. Treiben im kalten Wasser. Ihre tauben Arme sah sie nur noch. Seit Stunden schon klammerte sie sich an das halbvolle Schlauchboot. Ihre Schwester hatte sich an sie geklammert. Mittelpunkt in dem Kreis aus ihr, ihren Armen und dem Boot.

Jetzt war dort nur noch die Rettungsweste. Die ihr die Männer hingeworfen hatten, nachdem sie mit ihr fertig waren. Ihre Finger hatten nach ihr gegriffen, sie festgekrallt, während sie - sich vor Schmerzen krümmend - über den sandigen Boden kroch. Sie wusste, sie blutete, aber sie blickte fest in die Augen ihrer Schwester, die sie aus ihrem Versteck panisch und mit großen Augen ansah. Sie hatte alles mit angesehen, die gesamte Zeit und sie konnte nichts dagegen tun. Sie wollte ihr sagen, jetzt sei alles vorbei. Immer wieder. Und jetzt war sie fort. Verschwunden. Die Schwimmweste viel zu groß für sie. Und sie hatte es nicht einmal bemerkt. Jetzt war sie endgültig allein.

Es fing mit dem Ältesten ihrer Brüder an. Der war zu den Rebellen gegangen, gleich nach den ersten Aufständen. Er wollte alles ändern. Nachbarn brachten nach zwei Monaten die Nachricht. Und Mutter weinte tagelang. Vater begann sich vom Dorf zu verabschieden. Er war der Arzt und alle kannten ihn. Und wenn er weiterging, hinterließ er Tränen oder Menschen, die wie er ihre Sachen packten. Sie hatten das Geld und verließen am Morgen mit einem Kleinbus das Dorf. Ihre Mutter, ihr Vater, ihre beiden Brüder Jaman und Jesud, ihre kleine Schwester Neha und sie. Jetzt war sie allein. 

Allein mit den anderen Halbtoten, die sich seit Stunden an das Boot klammerten, die Arme in die Außenseile verhakt, still und fast schon in einer anderen Welt. Sie hatte sich und ihre Schwester dorthin gewünscht, gebetet, nachdem ihre Mutter und Jesud, ihr Bruder blutüberströmt auf dem Boden lagen. Raketen waren in dem Lager eingeschlagen. Sie kamen am Nachmittag aus dem Nichts und hatten die Zelte in all dem Rauch verschwinden lassen. Die Ohren waren noch taub von den Explosionen. Und dann sah sie sie. Und schaffte es gerade noch, ihrer Schwester die Augen zuzuhalten, bevor der Rauch sich verzogen hatte. Nur einen Tag, bevor das Boot kommen sollte. Nach 5 Wochen in diesem Lager mit all seinem Weinen und Streiten, der Wasserausgabe am Abend mit ihren hunderttausend Stimmen, die murmeln konnten oder auch schreien. 8 Wochen nachdem sie über die letzte Grenze gekommen waren. Jaman, der jüngste ihrer Brüder war da schon fort. Nach einem Unfall. Eins der Autos, das nach rechts ausbrach und Jamans Beine unter seinen Rädern zermalmte. Sie hörte ihn schreien. Niemand anders schrie. Auch ihre Mutter nicht. Ihr Vater hätte ihn vielleicht retten können, aber so ging Jaman kurz bevor sich die Sonne rot über das noch rötere Rot auf der Erde legte. In derselben Nacht noch zogen sie weiter. Über ihnen die Sterne, die sich seit ihrem Dorf in jeder Nacht über den Himmel schoben. Sie hatte ihnen Namen gegeben, und den einen, auf den sie diesmal während des Laufens starrte, nannte sie Jaman. Sie glaubte, die tiefe und feste Stimme ihres Vaters zu hören. Er schimpfte, versuchte sich Gehör zu verschaffen. Zeigte auf sie - seine Frau und seine Kinder. Irgendwann dann der Knall. Ohrenbetäubend. Nach all den anderen Kontrollen, nach all den Straßensperren zwischen dem Dorf und hier. Das so oft gezischte "Feiglinge" zu ihrem Vater, ihren Brüdern. Fäuste die sich ballten. Und doch hatte er es jedes Mal geschafft, dass sie weiterkamen. Er überzeugte mit Worten, Geld, Versprechungen und einem festen Blick. Er wollte sie alle retten, weg von diesem Krieg. Weit weg, in Sicherheit. "Lauft", schrie er zuletzt und seine Söhne nahmen ihre kleine Schwester auf die Arme und zogen sie und ihre Mutter fort. Tief in die Menge, weg von dem Schlagbaum, an dem ihr Vater zurückgerufen worden war, nachdem sie alle bereits passiert hatten. Die Männer zeigten auf sie und lachten und ihr Vater schien größer zu werden und ihre Gesichter verschwanden hinter seinem Rücken. Jetzt war er wie Jaman ein Stern am Himmel. Dort oben, gleich neben dem leuchtenden Kreuz. 
Und durch die Wellen sah es aus, als würde er auf und ab springen. Ein stummer Tanz mit hunderttausenden Söhnen, Brüdern, Müttern und Schwestern. Diesen dort würde sie jetzt Neha nennen. Er leuchte ganz knapp hell über den Wellen. Und wurde größer. Und kam auf sie zu.
 
Arme hievten sie aus dem Wasser, zogen sie von dem Schlauchboot weg. Sie sah die Schwimmweste nicht mehr und schrie. Als sie verstummte, sich leise wimmernd zusammenrollte, verstand sie, dass sie gerettet war. 
Kein Wasser mehr. Es war warmen Metall unter ihr gewichen. Ein Motor wummerte, während sich die Welt rhythmisch senkte und hob. Unter ihr war wieder ein fester Boden, kein kaltes und dunkles Nichts mehr, dass an ihr und ihrer kleinen Schwester zog. 
Jemand legte eine Decke über sie. Jemand legte eine Decke über sie und die Menschen neben sich. Über das Deck und das ganze Schiff, über die Suchscheinwerfer und auch über alle Sterne über ihr.
 
Sie war gar nicht gerettet. Sie schien in einem sich immer wieder wiederholenden Ablauf aus den wandernden und springenden Sternen, dem Aufbruch der Sonne und ihrem Verglühen im Meer ausgeliefert zu sein. Stimmen um sie herum, die so fern waren und deren Sprecher sie mit dem glasigen Blick ihrer Augen nicht sehen konnte. Unter ihrer golden glitzernden und leise knisternden Decke kam sie nur hervor, wenn die Sterne sprangen und sie austreten musste. Dann hangelte sie sich über Dutzende schlafende Körper, die an jeder Stelle freien Bodens lagen. Und anschließend wieder zurück. Sie sprach vom Voll- bis zum Neumond kein einziges Wort. Sie nahm, was man ihr gab. Aß und trank. Und hörte den Stimmen zu, die am Ende der Hitze am Abend in Streit gerieten. Sah hinauf, bis sie ihre Sterne erkannte und fiel in einen Halbschlaf bis zum aufbrechenden Morgen.
Sie wusste, sie war vor dem dunklen Meer gerettet. Aber es umgab sie weiter. Kaum einmal, dass sie einen Streifen Land am Horizont ahnen konnten. Die Maschinen tuckerten jetzt nur noch leis. 
Aber von Zeit zu Zeit gab es eine Aufregung, einer Welle gleich, die über alle Körper rollte. Ein Funkspruch, der dem Schiff einen Hafen nennen sollte. Und jedes Mal fiel die Welle wieder in sich zusammen.

Sie
War
Gerettet.

Die Worte zogen sich ihr unendlich hin und verloren in dieser Zwischenwelt ihren Sinn. Nichts gab es mehr, außer diesem Schiff. Diesen mehreren Hundert Köpfen mit ihren wilden Augen und der großen bleiernen Wüste, die sich senkte und hob. Senkte. Und hob.

Sie
War
Allein.

Von den ihren gab es niemanden mehr. Nichts gab es, außer dem Wasser. Dem Himmel. Dem Schiff. Selbst ihre Rettungsweste war verschwunden.
 
Nach weiteren drei Wochen durfte das Schiff einen Hafen anlaufen. Der war letzten Endes nur noch eine halbe Tagesfahrt entfernt gewesen. Aber bis zu diesem Tag musste zuerst noch eine Aufnahmegarantie für jeden Einzelnen an Bord gegeben werden. Dass jemand sie später verbindlich ab- und in sein Land aufnahm. Und am Ende kam schließlich eins der Länder sogar besser davon. 
Die junge Frau aus Syrien war am Abend zuvor mit Blick auf ihre Sterne sanft eingeschlafen und leuchtet jetzt dort oben als ein weiterer Teil im Sternbild einer tödlichen Reise.

Wie es begann

"Ey, geht euch doch löschen," brüllte der kleine Junge, bevor er sich umdrehte und in meine Richtung lief. Die Gruppe Halbwüchsiger in ihren längst aus der Mode gekommenen Bomberjacken, begann gerade die Straße zu überqueren, die sie von dem Kleinen noch trennte.

Der drängelte sich an mir und meinem Fahrrad vorbei, und warf sich dabei mit der rechten Schulter gegen die sich gerade schon wieder schließende Tür. Ich sah das zerrissene T-Shirt und nahm ein Hauch von Blut in der Luft wahr. Und als er durch die Tür hindurch, und mit den ersten Schritten im Hausflur war, drehte er seinen Kopf zurück und ich sah ein Gesicht voll Dreck und Blut.
Während er weiter in den Flur hinein Richtung Treppen rannte, hörte ich ihre Schritte und ihr Keuchen und schob instinktiv mein Fahrrad quer, sodass es den ersten der Jugendlichen knapp über dem Knie erwischte. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie er kopfüber gegen den Türrahmen knallte. Dann traf mich ein ganz dunkler Schmerz.

Als ich wieder aufwachte, war ich ein anderer Mensch in einer anderen Welt. Alles war weiß und blendete mich. Ich blinzelte mit halb zusammengekniffenen Augen auf weiße Wände und in eine eiskalte Sonne über mir. Erst langsam erschienen Konturen, geometrische Formen vor dem Weiß, dass sich langsam in ein helles Grün verwandelte. Die Sonne wurde zu einer Neonleuchte.
Ein Krankenhauszimmer, schoss es in meinen Gedanken durch den pochenden Schmerz hindurch.
Ich blieb in diesem Zimmer neun Tage, bevor ich mit nichts außer mir selbst durch den Eingangsbereich des Krankenhauses schritt. In der Zwischenzeit hatte ich erfahren, wie die Geschichte weitergegangen war.

Fünf Jugendliche hatten einen jungen Mann am helllichten Tag vor einem Seiteneingang das Wohnkomplexes zusammengeschlagen. Er war bislang nicht vernehmungsfähig. So stand es in der Zeitung, die am Tag danach erschienen war und die man mir aufgehoben hatte, bis ich nach drei Tagen wieder die Augen öffnete. Der kurze Bericht stand zwischen einem größeren Verkehrsunfall und einem Brand in einer Tiefgarage, der irgendwie glimpflich ausgegangen war. Die Jugendlichen flohen gerade Richtung Innenstadt, als ein Hausbewohner den bewusstlosen jungen Mann neben seinem Fahrrad liegend fand und den Notruf wählte. Oberhalb des Rauch verqualmten Eingangs einer Tiefgarage stand nichts über den kleinen Jungen.

Und als ich daran dachte, musste ich lächeln. "Ey, geht Euch doch löschen!"

bis das wasser steigt

Bedienungsanleitung: Mannoderfraulesebiszudemgrossgeschriebenenwortundsetzedahintereinenpunkt,denkesichihnwiederwegundbeginnejustbeidiesemwortdenneuensatz.

auf unserem aussichtspunkt am ufer des flusses stehen WIR wissen worin er münden WIRD er uns mit sich NEHMEN wir unsere sieben sachen und bringen sie auf unser boot das neben schrottschiefen kohledampfern hölzern GLÄNZT der tag dann entgültig legen wir AB dann lassen wir die motorisierten ameisenkolonnen erst neben dann hinter UNS nimmt die flut mit sich und der wind
packst du die koffer hol ich das meer nehmen wir unsere kleine mit uns HINAUS treiben lassen während der smog unsere lungen verlässt und nicht wieder KOMMT gucken was uns blüht in den nebelfeldern die einsam über dem fluss liegen und gelassen warten auf den TAG ein tagaus dasselbe spiel zusammen mit den wolken bis die sonne in dieses tal KRIECHT ihr aus euren betten sind wir schon weg von euren nassen dächern und geschlossenen TÜREN öffnet ihr schliesst sie wieder sucht uns denn etwas stimmt NICHT dass es nicht wahr wäre wir sind auf und DAVON wird euch noch nicht bange schliesslich wieder eine freie wohnung MEHR wollten wir euch auch nicht hinterlassen denn was wir haben braucht ihr nicht so sehr wie wir da wir jetzt seefahrer SIND alle leinen los tuten die schlepper deren weg wir frech kreuzen und singen ihnen unser lied ENTGEGEN den regeln nehmen wir kurs auf den punkt am horizont während das wasser in den betonwüsten steigt damit wir freie fahrt HABEN wir alles dabei halten wir nicht mehr es sei denn einige verstreute seelen wollen die reisebusse hinter sich lassen und den morgenwind spüren der uns von achtern TREIBT eure schäfchen lieber in die berge damit sie nicht über unsere ausgeworfenen netze stolpern und mit uns KOMMEN wir wieder wären sie nicht mehr bei UNS führt der strom DAVON bekommt man sonnenbrand können wir nur lachen

kritik bekommt ihr KEINE von uns JEDENFALLS wir sind froh auf der reise zu SEIN tagewerk beginnt mittlerweile der proletar im stadtpark mit nassen füssen sitzen die BERBER sind uns willkommen pusten sie doch wie wir kräftig wind in die segel über dem morgenfrischen DECK dich zu wenn dir die morgensonne durchs fenster aufs bett scheint STUDENT du hast noch ein paar STUNDEN VERGEHEN langsam auch eure rabatten eure mülleimer schwimmen oben während das wasser steigt und STEIGT hinauf auf eure dächer und schaut das glänzende wasser des flusses AN und für sich habt ihr euch doch erarbeitet, was ihr zum leben BRAUCHTET ihr niemals zuvor ein boot
der mensch saugt am busen der natur die kleine an DEINEM körper wird es gut tun zu GEBEN wir der natur ihren busen zurück wir sind ERWACHSEN sein bedeutet nicht zu RESIGNIEREN heisst weiterzutrinken bis wir an der muttermilch der natur ERTRINKEN tun viele

eine kurze zusammenfassung der letzten zehn minuten: das wasser steht euch bis zum hals und endlich dürft ihr sehen was alles in euren flüssen SCHWIMMT herbei ihr stresssekunden königskunden und ihr im stau gestandenen stunden und auch ihr panikschübe vollblutgetriebe ihr amtsvorgänge bettvorhänge und all ihr ganzen moralvorstellungen seid willkommen seid besungen

wir rauschen unterdessen weiter auf den wellen dem meere ZU gucken gibt es viel betonwüste an STEUERBORD gibt keinen netten AUSBLICK backbord gibt dschungel BEKANNT ist diese natur die da zum himmel wuchert NIEMANDEM kann sie schon mal offenbart worden SEIN ist nun das ist der natur die uns endlich beseitigt hat nachdem wir sie fast ZERSTÖRTEN beton umfliesst jetzt eine braune brühe - laut definition der wissenschaftler wird sie ursuppe genannt ob sie will oder NICHT bekannt scheint aber dass es damals noch gar keine menschen gab die sie so ansprechen KONNTEN wir menschen uns nicht wenigstens aus dem anfang allen seins HERAUSHALTEN aber war noch nie eine unserer tugenden eher überlebenszivilcourage wie das klonen oder die ZUCHT aber ist nun zu ENDE gut alles GUT wird auch endlich unsere reise als wir die stromschnellen dieser zivilisation über den rand der welt verlassen haben und nun durch die unendlichen weiten des alls TREIBEN wir weiter diesmal endlos nur du die kleine und ich und der ganze dreckige rest der einst so hochgelobten MENSCHHEIT in diesem falle ungleich kindheit denn unsere unschuld haben wir lange VERLOREN weil wir die natur BETROGEN wird man aber kaum von seefahrern wie UNS steht das meer offen.
gewidmet Kerstin, der Kleinen und dem ganzen dreckigen Rest

Monochrome Lichter




Das Ende findet im sekundenschnellen Aufblitzen zweier monochromefarbener Lichtkegel statt. Woher ich das jetzt schon weiß? Nun, manchmal spürt man Dinge, lange bevor sie geschehen und ich hatte in der letzten Stunde einen Traum. Ich sah Dich, obwohl ich Dich nicht kannte, doch Du warst nahe bei mir. Ich legte Dir eine Hand auf und es tat Dir gut. Ich sah in Dein Gesicht, doch erinnerte mich nicht, Dich schon einmal gespürt zu haben. Im Grunde, das gebe ich offen zu, warst Du mir völlig fremd. Und doch hätte ich mit Bestimmtheit sagen können, dass Du diejenige bist, die mir im Laufe meiner kurzen Pulsschläge am vertrautesten geworden ist. Dich konnte ich weder enttäuschen, noch verehren, denn bevor ich dazu kam einem dieser Gefühle nachzugeben, warst Du längst wieder verschwunden. Nicht, dass es Dich auf ewig an einen anderen Ort verschlagen hätte, ich wusste, dass Du noch da warst. Ständig, doch ich fand Dich nicht mehr. An diesem Tag, lass es am frühen Abend gewesen sein, lagst Du bei mir. Es war kühl geworden; es war, wie Du es Dir immer gewünscht hattest: die Schatten hielten Einzug und verbargen allerhand in ihren Reihen. So auch Dich. Ohne sentimental zu werden, aber ich verzehrte mich seit meinem Traum schon nach Deiner Umarmung, nach Deinem Kuß, nach dieser einzig wahren Berührung zweier Seelen. So, als würde ein einzelner, warmer Tropfen von einem Blatt fallen und im Flug meine Lippen streifen. Ich wusste, dass es passieren würde, nein, musste.
Dies ist kein Ausflug in eine sentimentale Romanze, es ist der Anfang von einem Ende, das ich schon angedeutet habe. Es ist wie ein Blick in die Zukunft; eine ferne Erinnerung daran, was kommen mag. Du hattest Dich niedersinken lassen und weiltest seit Abenden schon auf dem Sims am Abhang. Du hattest mich und die vielen anderen Menschen kommen sehen. Und wie sie gingen, ich war der Einzige, der blieb. Ich beobachtete Dich und hielt mich in den Schatten, dabei wissend, dass Du genau wusstest, wo und wer und was ich war. Doch wir wollten beide kein Wort sagen in der Angst, diese Sehnsucht zu zerstören, die sowohl in Deiner als auch meiner Seele lag. Keine Angst, es wird NICHT sentimental, denn diese Sehnsucht hatte nichts mit dem Erfüllen einer Leidenschaft zu tun oder dem Wunsch nach Nähe. Einzig und allein die Erfüllung unserer Ahnung, dass es genauso passieren würde, trieb uns hierher. Wir zögerten, länger als der Fall eines Kometen dauert, der über uns hinweg und ins Tal stürzte. Aus den Augenwinkeln sah ich den beginnenden Brand dort unten. Doch die Sirenen hielten uns nicht ab, einander zu nähern. Das blaue Licht, dass uns die Hektik der Stadt hinaufsandte, blieb ungesehen. Nur Du und ich, nur Du.

Falls Du Dich daran erinnern kannst, verlorst Du eine Deiner grauen Federn. Sie segelte, sich langsam drehend hinunter. Ein Hauch nur, nur ein Hauch einer Ahnung durchfuhr mich, als ich zu Dir stürzte, aber - ich sollte stoppen. Einmal mehr und ich würde an dem Schmerz vergehen, den Dein Gesicht zeigte. Erst war es Überraschung, dann setzte die Erkenntnis ein, dass das, was folgen könnte, schmerzvoll wäre. Das war es sicher, denn ich sah Dir nach. Du nahmst Deine Feder wieder auf, hieltest sie nur noch einen Bruchteil einer Sekunde lang, bevor sich Deine Hand verkrampfte, zuckte und schließlich öffnete. Deine Augen, Deine großen, warmen Augen, riefen mich. Dein Mund war offen, doch stumm. In diesem einem Moment warst Du am Leben, Du warst voller Energie, die zum Bersten bereit war. Seit ich Dich kannte zum ersten Mal. Du versuchtest Dich hochzustemmen, doch Deine Schwingen waren gebrochen. Deine Beine schafften es nicht. Und dann kam, was kommen musste. Stumme würden schreien so wie Du, als Du es sahst. Zwei monochrome farbene Lichtkegel waren bei Dir, zwei riesengroße gleißende Augen, die Dich aus Deiner Dunkelheit rissen. Buchstäblich und Dich davonschleuderten.

Während ich die letzten Stufen hinabstieg, wusste ich, wo ich Dich finden würde. Und meine Lippen verschlossen Deine für einen kurzen Moment. Wir wussten beide, dass es so kommen würde. Wir wussten beide wie. Ich denke, wir sahen uns danach nie wieder, obwohl wir uns schon viele Jahre treu aneinandergeheftet, doch nie gesehen hatten. Eine Zeit lang dachte ich, ich wäre eins mit Dir, doch nun stand ich auf der wieder dunklen Straße ganz allein.


Hommage an den Holzschuh in der technischen Produktion

Natürlich froren meine Füße. Es war ja um diese Jahreszeit schon wieder scheißkalt und ohne meine Holzschuhe wurde der eh schon lange Marsch zu den kleinen, am Waldrand stehenden Hütten zur Tortur. 

Auch meine Hände schmerzten, ebenso bestialisch wie mein Rücken - aber das rührte von der stundenlangen Arbeit her und würde morgen früh wieder weg sein. Stattdessen würde ich nun mindestens drei, vier Tage frei haben. Die Fabrik, in der ich arbeitete, lag in der Stadt und ihre rotglühenden Schornsteine sah ich selbst von hier. Nur glühten sie nicht mehr und während dieses ungewohnten Anblicks klopfte mir jemand beiläufig auf die Schulter. 

Das Fließband, an dem ich auch heute Vormittag wieder gestanden hatte, lieferte mir mehr als einhundert Teile in der Stunde, die es zusammenzusetzen galt. Was letztendlich aus ihnen entstand, blieb mir ein Rätsel. "Das kann dir scheißegal sein," brüllte unser immer fröhlicher Aufseher einmal, als ich es wagte, ihn damit zu belästigen. "Hauptsache ist, du schaffst dein Soll!" Unsere Geschäftsführung drückte es etwas weniger profan aus: "Leute, Ihr wisst doch Bescheid. Wir halten es hier mit hehren Zielen. Einmal im Jahr Kraft durch Freude - das heißt zwei Wochen Urlaub für jeden von Euch. Und nicht zu viele Fragen, Leute, Arbeit macht ... Euch zu zufriedenen, glücklichen, kurzum besseren Menschen. Abends fallt Ihr erschöpft ins Bett und morgens kommt Ihr früh heraus. Nur der frühe Vogel fängt den Wurm" und so weiter und so fort.

Der Leitung kam dabei ihre Meinung ideologisch durchaus gefestigt vor, und auch wir mussten einsehen, dass unser geschäftiges Treiben irgendjemanden sicher glücklich machte: Wenn schon nicht unbedingt uns, so kam doch einmal im Monat der oberste Boss zufrieden lächelnd über die Produktionszahlen aus dem Büro des Vorarbeiters und strahlte beim Anblick der schwitzenden Körper. Er hatte die besonders tollen Leitsprüche für die Leitung erfunden und meldete sich einmal jemand bei ihm krank, pflegte er den Kranken mit den Worten: "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!" gute Besserung zu wünschen. So simpel es war: es funktionierte und die meisten waren schnell wieder gesund. 

So lebten wir zufriedenen Arbeiter und wurden mit jedem Tag glücklichere, ergo bessere Menschen. Heute aber trübte ein Vorfall mein sinnentleertes Treiben, als eines der Teile sich auf dem Fließband verkantete. Ganz im Sinne der Produktion sprang ich auf das Fließband, bevor das eine Teil alle folgenden aufhalten konnte. Dabei jedoch löste sich mir mein linker Holzschuh vom Fuß und stürzte sich klappernd tiefer und tiefer bis hinein in die unermüdlichen Zahnräder, die die Fließbänder am Laufen hielten. Es gab kurz darauf ein ohrenbetäubendes Knirschen, während die gesamte Halle erzitterte. Dann blieb alles mit einem gewaltigen Ruck stehen.












"Schöne Scheiße!", rief jemand von unten. "Hier ist alles im Arsch!" Mindestens drei, vier Tage Reparatur schätzte dieselbe Person mit ihrer durchdringenden, etwas heuligen Stimme. Erst dann lösten wir uns aus unserer gebückten Fließbandhaltung und sahen betroffen drein. Nicht, dass wir wirklich traurig gewesen waren, aber für einen kurzen Moment fragte ich mich schon, was ich die drei, vier Tage lang nun tun sollte, prangte doch über dem Werkstor in großen Lettern: DER MENSCH IST AUF DER WELT, UM SEINE PFLICHT ZU TUN. 

Aber mit einer ungeahnten Leichtigkeit schob ich diese Gedanken beiseite, steckte den mir verbliebenen rechten Holzschuh sicherheitshalber unter die Jacke und verließ mit meinen Kollegen die nun dunkle, stillstehende Fabrik. Zum ersten Mal trennten wir uns am Rande der Stadt nicht ohne ein Lachen.

Und als ich nun allein auf dem Weg zu meiner Hütte war, dachte ich an meine ungewollt verkommene Arbeitsmoral und gab der Leitung zum ersten Mal Recht: Heute fühlte ich mich glücklich und zufrieden, irgendwie kam ich mir sogar vor wie ein besserer Mensch. Aber ich wusste, wenn ich das bleiben wollte, musste ich morgen noch schnell zu meinem Vetter, der hauptberuflich Schuster war. Und neue Schuhe würde ich brauchen. Eine ganze Menge sogar.


Morgens im Sommer


Die Bergkämme im Osten brechen die Sonne auf die Stadt. Alles versinkt sekundenlang im gleißenden Verharren. Autos brodeln unter dem Licht hervor, erlauben kein Warten und Schauen. Außer man tut es, dann tuten sie auch, wie Schlepper im Hafengebiet. Einen Schritt sicher am Bürgersteig entlang, noch immer geblendet von dem Blendzeug der Werbetafeln und Sonnen, das unablässig auf den Betrachter wie Regenpfeile prasselt. Denn: es ist Sommer, wenn die Teere dampfen und der Zigarettendunst gebrochen über den Boden kriecht.